Ingenieurbüro für Leistungselektronik und Antriebe
L-E-A | Dr. Volker Bosch
Beratender Ingenieur / Consultant

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dienstleistungen und Lehrmittel

Im Stator umlaufende Durchflutungswellen

Im Abschnitt Felderregerkurve wurde gezeigt, wie sich im Stator einer von einem Drehstromsystem gespeisten Drehfeldmaschine eine umlaufende Durchflutungswelle bildet. Dort wurde nur die Grundwelle betrachtet. Es entstehen jedoch auch Oberwellen, wie die Bilder der Felderregerkurven vermuten lassen. Die Ordnung dieser Oberwellen ist stets ungerade. Sie können genauso wie die Grundwelle durch eine Fourier-Transformation aus der Felderregerkurve ermittelt werden. Eine m-strängige Drehstromwicklung kann nur Harmonische der Ordnung j 2 m ± 1 für j = 1, 2, 3, ... erzeugen.

Umlaufgeschwindigkeit der Oberwellen

Der durch die Fourier-Transformation ermittelte Phasenwinkel bezieht sich stets auf eine Periode der jeweiligen Harmonischen. Eine Periode der Grundwelle entspricht zwei Polteilungen, eine Periode der dritten Harmonischen jedoch nur noch zwei Drittel einer Polteilung. Fazit: Die Oberwellen, die die Wicklung erzeugt, laufen im Stator einer Drehfeldmaschine langsamer um als die Grundwelle, wobei der Faktor dem Kehrwert der Ordnung ν der jeweiligen Oberwelle entspricht.
Darüber hinaus wechselt auch der Umlaufsinn der Wellen.

Nullsysteme

Harmonische, deren Ordnung ν der Strangzahl m oder Vielfachen davon entspricht, bilden keine umlaufende Welle sondern eine stehende Welle. Man bezeichnet ein entsprechendes Phasensystem als Nullsystem. Interessant ist, dass Nullsysteme des Stromes nur in die Wicklung eingespeist werden können, wenn der Sternpunkt bestromt wird. Dieses Verhalten kann auch anschaulich erklärt werden: Die Oberschwingungen eines Nullsystems sind in allen Strängen phasengleich. Bei der Sternschaltung sind stets zwei Stränge in Reihe geschaltet, so dass sich die Wirkung der Oberschwingungen mit der Ordnung ν = m und deren Vielfache an den Klemmen aufhebt. Somit können Harmonische, die Nullsysteme bilden, in der Regel vernachlässigt werden.

Umlaufsinn der Oberwellen

Der Umlaufsinn der Durchflutungswellen ist nicht einheitlich, sondern kehrt sich von der einen zur nächsten um, wobei die Oberwellen der Nullsysteme hierbei nicht beachtet werden. Die Tatsache, dass die Oberwellen nicht synchron mit der Grundwelle umlaufen, kann auch anschaulich erklärt werden: Würden sich Grund- und Oberwellen mit gleicher Geschwindigkeit und im gleichen Umlaufsinn bewegen, würde die Felderregerkurve ihre Gestalt nicht verändern.

Oberschwingungen im speisenden Strom

Wird die Drehstromwicklung nicht mit reinen sinusförmigen Strömen gespeist, enthält also Oberschwingungen, so erzeugen diese Oberschwingungen Durchflutungsoberwellen, wobei die Wicklung auch wieder weitere Oberwellen erzeugen kann. Die aus den Oberwellenströmen resultierenden Oberwellen laufen im Gegensatz zu den Wicklungsoberwellen des Grundschwingungsstroms mit der Geschwindigkeit der Grundwelle um.

Diagramme

Am rechten Rand dieser Seite sind die umlaufenden Durchflutungswellen verschiedener Wicklungen dargestellt (für eine größere Darstellung bitte anklicken). Das erste Bild zeigt eine dreisträngige verteilte Wicklung, die sinusförmig bestromt wird. Es treten keine Oberwellen auf, deren Ordnungszahl drei ν = m oder Vielfachen davon entspricht. Die Grundwelle, die 5. und die 11. Oberwelle laufen im selben Umlaufsinn um, die 7. und die 13. gegensinnig zur Grundwelle.

Das zweite Bild zeigt ebenfalls eine dreisträngige verteilte Wicklung. Im Unterschied zum vorigen Bild wird den sinusförmigen Strömen eine dritte Oberschwingung überlagert. Wie bereits zuvor erwähnt, muss dazu der Sternpunkt bestromt werden. Es zeigt sich, dass die dritte Oberschwingung keine umlaufende, sondern eine stehende Welle bildet. Im Diagramm erscheint ihre Trajektorie nicht als Kreis, sondern als Strich. Gleiches gilt für die neunte Harmonische.

Im dritten Bild ist eine fünfsträngige Wicklung dargestellt, die von sinusförmigen Strömen durchflutet wird. Die Wicklung kann nur die Oberwellen der Ordnungen ν= 9 (=2 m − 1), 11 (=2 m + 1), 19 (=4 m − 1), 21 (=4 m + 1), ... erzeugen.

Im Bild darunter ist die selbe Wicklung dargestellt. Die speisenden Ströme weisen neben der Grundschwingung auch eine dritte und eine fünfte Oberschwingung auf, die nun auch Oberwellen der Ordnungen ν=3 und ν=7 erzeugen. Diese laufen im Gegensatz zu den Wicklungsoberwellen der Grundschwingung mit der Geschwindigkeit der Grundwelle um. Die fünfte Harmonische des speisenden Stromes erzeugt wieder eine stehende Welle.

Das vorletzte Diagramm zeigt eine sechssträngige Wicklung. Bei Speisung mit sinusförmigen Strömen entstehen die hier dargestellten Oberwellen der Ordnungen ν=11 (=2 m − 1), 13 (=2 m + 1), 23 (=4 m − 1), 25 (=4 m + 1). Diese laufen um den Faktor 1/ν langsamer um als die Grundwelle. Da die Oberwellen grundsätzlich ungerade Ordnungszahlen aufweisen, erzeugt diese Wicklung keine stehenden Wellen. Für Motoren bietet dieser Effekt keine Vorteile. Ganz im Gegenteil: Die Nullsysteme sind erwünscht, da sie bei unbestromten Sternpunkt keine Oberwellenmomente erzeugen können. Anders sieht es bei Generatoren aus. Hier können entsprechende Oberwellen, bzw. die zugehörigen Spannungen, die sie induzieren, durchaus erwünscht sein.

Im letzten Diagramm wird die sechssträngige Wicklung zusätzlich mit einer dritten und einer fünften Oberschwingung gespeist. Diese erzeugen die hier dargestellten Oberwellen der Ordnungen ν=3, 5, 7, 9, 15, 17, die mit der Geschwindigkeit der Grundwelle umlaufen.