Ingenieurbüro für Leistungselektronik und Antriebe
L-E-A | Dr. Volker Bosch
Beratender Ingenieur / Consultant

 

 

 

  

 

 

EMV-gerechtes Design in der Leistungselektronik

Minimierung von Kommutierungsschleifen: In leistungselektronischen Schaltungen treten sogenannte Kommutierungsvorgänge auf. Hierbei wechselt der Strom von einem auf ein anderes elektronisches Bauteil, beispielsweise von einem Transistor (Zustand: Treiben) auf eine (Freilauf-)Diode in den Zustand Freilauf.
Zeichnet man die zugehörigen Strompfade in das Layout der Schaltung ein, so unterscheiden sich die beiden Pfade um eine Fläche, die sogenannte Kommutierungsschleife. Die Größe der von der Kommutierungsschleife umschlossenen Fläche ist ein Maß für den Wert des magnetischen Flusses, der sich bei besagtem Kommutierungsvorgang verändert. Die steilflankige Stromänderung, und damit auch der magnetische Fluss, besitzen einen sehr hohen Gehalt an Oberschwingungen. Um die von der Schaltung emittierten elektromagnetischen Störsignale gering zu halten, sollte die Fläche der Kommutierungsschleife minimiert werden, indem die Bauteile beim Layout der Leiterplatte sorgfältig platziert werden.
Als Beispiel wird hier ein einfacher Tiefsetzsteller (Buck Converter) betrachtet. Im zweiten Bild, das sich durch anklicken vergrößern lässt, sind der Schaltplan des Stellers sowie die (idealisierten) Verläufe verschiedener Signale dargestellt.
Das dritte Bild zeigt das Leiterplatten-Layout eines einfachen Tiefsetzstellers (anklicken zum vergrößern), aufgebaut mit dem integrierten Schaltregler LM2574. Die Strompfade sind farbig für die Zustände Treiben (violett) und Freilauf (grün) dargestellt. Die zugehörige Kommutierungsschleife ist rot hinterlegt.
Das dritte Bild zeigt das auf eine minimale Fläche der Kommutierungsschleife optimierte Leiterplatten-Layout. Dieses ist im Hinblick auf die Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) zu bevorzugen.

Leiterschleifen: Weiteres Optimierungspotential bietet die Minimierung der grünen bzw. violetten Schleife, beispielsweise durch den Einsatz von SMD-Bauteilen für Freilaufdiode und Widerstände. Der in guter Näherung dreieckförmige Stromverlauf in dieser Schleife weist zwar einen deutlich geringeren Anteil von Oberschwingungen auf als die steilflankigen Stromänderungen in der Kommutierungsschleife, darf aber im Hinblick auf ein EMV-gerechtes Design nicht vernachlässigt werden. Aus Sicht der EMV wäre es ideal, durch Verwendung einer mehrlagigen Leiterplatte, zwei Seiten der Schleife deckungsgleich auf verschiedenen Lagen zu führen, so dass die von der Schleife umschlossene Fläche minimal wird und sich die magnetische Durchflutung auf den beiden Lagen weitgehend ausgleichen würden

Masseführung: Der Masseanschluss für die Last sollte direkt am Ausgangskondensator CA abgegriffen werden, um eine Einkopplung des Spannungsabfalls, den der dreieckförmige Stromverlauf in der Impedanz der Leiterbahnen erzeugt, zu vermeiden. Aus dem selben Grund wird die Signalmasse SGnd des Schaltreglers ebenfalls direkt an den Ausgangskondensator CA angeschlossen.

Dämpfungsperlen (Ferrite Beads): Der erwähnte dreieckförmige Stromverlauf wird in den Kondensatoren CE und CA entsprechende Spannungsschwankungen verursachen. Um zu verhindern, dass sich diese Störsignale über die Verbindungsleitungen zur Quelle, bzw. zur Last, ausbreiten oder von diesen abgestrahlt werden, sollten diese Leiterbahnen durch Dämpfungsperlen (Ferrite Beads) entkoppelt werden.

Rückstromabriss: Neben der beschriebenen Kommutierung des Stromes zwischen den Zuständen Treiben und Freilauf und der damit verbundenen Spannungsinduktion in den zugehörigen Leiterschleifen, ist hier ein weiterer Effekt für die Emission elektromagnetischer Störungen verantwortlich: der sogenannte Rückstromabriss in der Freilaufdiode.
Wird eine Halbleiterdiode aus dem leitenden Zustand heraus mit einer Sperrspannung beaufschlagt, so kann, aufgrund der im PN-Übergang vorhandenen Ladungsträger, für kurze Zeit ein Strom in Sperrrichtung durch die Diode fließen. Sobald dieses Ladungsträger abgeflossen bzw. rekombiniert sind, endet der Stromfluss nahezu schlagartig. Diese hohe Änderungsgeschwindigkeit des Stromes induziert in der zugehörigen Leiterschleife (im Bild am rechten Rand braun dargestellt) eine vergleichsweise hohe impulsförmige Spannung. Eine solche Spannungsspitze kann in guter Näherung als Dirac-Impuls betrachtet werden. Dieser besitzt ein kontinuierliches und (theoretisch) unendlich breites Frequenzspektrum.
Gegenmaßnahmen:

Kann keine der oben genannten Maßnahmen umgesetzt werden, so lässt sich bei Schaltungen mit mehreren pulsweiten-modulierten Transistoren die Auswirkung des Rückstromabrisses vermindern, indem diese Transistoren nicht gleichphasig moduliert werden. Bei Vollbrückenschaltungen werden die PWM-Signale der beiden Halbbrücken idealerweise um 180° gegeneinander phasenverschoben, bei dreiphasigen Brückenschaltungen um 120°. In Folge dieser Phasenverschiebung erhöht sich auch die Frequenz der Welligkeit des Laststroms um einen Faktor zwei (Vollbrücke) oder drei (dreiphasige Brücke).
Ist eine Phasenverschiebung der PWM-Signale nicht möglich, so kann durch Implementierung der mittenzentrierten PWM (center aligned pwm) verhindert werden, dass sämtliche Transistoren in jeder PWM-Periode Schaltvorgänge zeitgleich durchführen.

 

Als Elektromaschinenbauer weiß ich, wie sich magnetische Felder effizient erzeugen lassen. Durch Anwendung dieses Grundlagenwissens kann der Aufbau solcher Felder aber auch verhindert bzw. minimiert werden. Gerne unterstütze ich Sie bei der Analyse und der anschließenden Beseitigung Ihrer EMV-Probleme.

 

Aktualisiert: 2021-09-21