Ingenieurbüro für Leistungselektronik und Antriebe
L-E-A | Dr. Volker Bosch
Beratender Ingenieur / Consultant

 

 

Messung steilflankiger Spannungssignale

Hintergrund In leistungselektronischen Schaltungen treten aufgrund der dort angewendeten Pulsweitenmodulation (PWM) in der Regel sehr steilflankige Spannungssignale auf. Um diese mit einem Oszilloskop korrekt darzustellen, sollte ein Spannungsteiler-Tastkopf verwendet werden.
Tastkopf Aufgrund des Spannungsteilers reduziert sich nicht nur die ohmsche Belastung der Signalquelle sondern auch die kapazitive, welche von der Leitungskapazität des Tastkopfs und der Eingangskapazität des Oszilloskops hervorgerufen wird.
Für eine optimale Darstellung des Signals ist ein Frequenzabgleich des Tastkopfs erforderlich. Oszilloskope stellen hierfür in der Regel ein oder mehrere Rechtecksignal(e) zur Verfügung (probe adjust/cal.).
Frequenzabgleich Der oder die Trimmer des Tastkopfs sind nun entsprechend der Abgleichanleitung so einzustellen, dass das auf dem Oszilloskop dargestellte Signal möglichst steile Flanken aufweist, jedoch ohne überzuschwingen.

Ungünstige Masseführung Der Masseanschluss des Tastkopfs wird nun mit der Bezugsmasse des zu messenden Signals verbunden. Hierbei sollte ein Anschlusspunkt gewählt werden, der möglichst nah an der Stelle liegt, an welcher das zu messende Signal abgegriffen wird. Beachten Sie, dass das Massepotential des Oszilloskops in der Regel mit der Schutzerde (PE) der Netzspannung verbunden ist und auch meist nicht gegen die Masse der anderen Kanäle isoliert ist. Das oberste Bild am rechten Rand zeigt eine solche Messung (zum vergrößern Bild anklicken). Darunter ist das am Oszilloskop angezeigte Signal dargestellt (zum vergrößern Bild anklicken). Die Messung erfolgte an einem Signalgenerator, der aus einem 2-MHz-TTL-Oszillator und einem 74AC04 Inverter-IC besteht. Nach jeder Flanke treten starke parasitäre Oszillationen auf, welche stark gedämpft abklingen. Ursache dieser Schwingungen ist der Schwingkreis, welcher aus der wirksamen Kapazität des Tastkopfs und der parasitären Induktivität der Masseleitung gebildet wird. Diese parasitäre Induktivität ist proportional zu der Fläche, die zwischen Masseleitung und Tastkopf aufgespannt wird, im Bild orange dargestellt.

Verbesserte Masseführung Das dritte Bild am rechten Rand zeigt einen verbesserten Aufbau zur Messung steilflankiger Signale. Der Masseanschluss des Tastkopfs wird um den Tastkopf geschlungen, so dass die von Masseleitung und Tastkopf gebildete Fläche möglichst klein wird und somit auch die parasitäre Induktivität des Masseanschlusses. Im darunter dargestellten Oszillogramm ist deutlich zu erkennen, dass die Amplitude der parasitären Schwingungen deutlich reduziert wurde. Somit ist bewiesen, dass diese Oszillationen nicht in der Schaltung erzeugt werden, sondern, dass es sich um Artefakte des Messaufbaus handelt. Im Zweifelsfall kann also durch diese Maßnahme schnell festgestellt werden, ob beobachtete Oszillationen aus der Schaltung stammen oder erst durch die Messung entstehen.

Optimale Masseführung Eine optimale Darstellung der tatsächlichen Signalform ergibt sich, wenn der Masseanschluss des Tastkopfs nicht über die vergleichsweise lange Masseleitung des Tastkopfs durchgeführt wird, sondern durch eine möglichst kurze Verbindung. Hierzu kann das äußere Ende der metallischen Tastkopfhülse, in welchem sich die Messspitze befindet, mit einer kleinen Drahtfeder kontaktiert werden. Hierfür bietet der Fachhandel kleine Stahl-Federn an, sogenannte Massefedern. Ähnliche Federn können aber auch aus massivem Kupferdraht oder aus einem Streifen Federbronze-Blech gebogen werden. Diese Federn werden dann in der zu messenden Schaltung so an Massepotential gelötet, dass die Messspitze des Tastkopfs Kontakt zu dem zu messenden Signal erhält. Die beiden unteren Bilder zeigen den Aufbau der Messschaltung und das damit gemessene Signal, welches nun keinerlei Überschwinger mehr aufweist.